Beschlussvorlage Stadtvertretung - VO(STV)/402/2023
Grunddaten
- Betreff:
-
Durchführung eines Bürgerentscheids (LNG-Terminal)
- Status:
- öffentlich (Vorlage freigegeben)
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage Stadtvertretung
- Federführend:
- Bürgermeister
- Bearbeiter:
- Kati Partecke
Beratungsfolge
| Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Stadtvertretung
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Entscheidung
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04.07.2023
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Erledigt
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Stadtvertretung
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Entscheidung
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25.07.2023
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Geplant
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Stadtvertretung
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Entscheidung
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26.09.2023
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Sachverhalt
Wichtige Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises können statt durch Beschluss der Stadtvertretung durch die Bürgerinnen und Bürger selbst getroffen werden, ein sogenannter Bürgerentscheid.
Am 13.06.2023 wurde durch Herrn Norbert Dahms ein Bürgerbegehren an den Präsidenten der Stadtvertretung, Herrn Norbert Benedict, überreicht, welches auf die Durchführung eines Bürgerentscheids abzielt.
Die eingereichte Frage lautet:
„Sind Sie für die Errichtung eines LNG-Terminals in Sassnitz-Mukran und akzeptieren damit die auftretenden Umweltschäden und Sicherheitsrisiken, obwohl die Notwendigkeit dieser zusätzlichen Gasversorgung (bis zum 16.05.2023) nicht nachgewiesen worden ist?“
In der Begründung heißt es:
„Die Einwohner der Stadt Sassnitz befürchten, durch ein überdimensioniertes und durch das LNG-Beschleunigungsgesetz errichtetes LNG-Terminal, welches keiner Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, langfristige, massive Umweltbelastungen, die Vernichtung von Eigentum, die Vernichtung von Existenzen, unabwägbare Sicherheitsrisiken. Die Nachteile die Einwohner der Stadt überwiegen hierbei einen Nutzen derart, dass ein solches Projekt abzulehnen ist.“
Gemäß § 20 Absatz 5 der Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern (KV M-V) entscheidet die Gemeindevertretung unverzüglich im Benehmen mit der Rechtsaufsichtsbehörde, ob das Bürgerbegehren zulässig ist und wann der Bürgerentscheid stattfindet.
Voraussetzungen für ein Bürgerbegehren
Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 KV M-V können wichtige Entscheidungen des eigenen Wirkungskreises statt durch Beschluss der Gemeindevertretung durch die Bürgerinnen und Bürger selbst getroffen werden (Bürgerentscheid).
Für ein Bürgerbegehren müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Das Bürgerbegehren muss
o schriftlich eingereicht werden (§ 20 Abs. 5 S. 1 KV M-V),
o das Bürgerbegehren muss schriftlich an die Gemeindevertretung gerichtet werden und die zu entscheidende Frage, eine Begründung und einen durchführbaren Vorschlag zur Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten (§ 20 Abs. 5 Satz 1 KV M-V).
o bis zu drei Personen benennen, die berechtigt sind, die Unterzeichnenden zu vertreten (§ 14 Abs. 2 der Durchführungsverordnung zur KV M-V (KV-DVO)).
- Das Bürgerbegehren muss von mindestens 10 Prozent der Bürgerinnen und Bürger oder von mindestens 4.000 Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnet sein (§ 20 Abs. 5 S. 3 KV M-V). Die Unterschriftenlisten müssen den Namen und Vornamen, die Anschrift und das Geburtsdatum der Unterzeichner und den vollen Wortlaut des Antrages enthalten (§ 14 Abs. 5 KV-DVO).
- Das Bürgerbegehren darf nicht unter den Negativkatalog des § 20 Abs. 2 KV M-V fallen.
Das Einhalten der strengen Formerfordernisse soll sicherstellen, dass die durch einen Bürger-entscheid eintretende Kompetenzübertragung von der durch Wahlakt demokratisch legitimierten und grundsätzlich allzuständigen Vertretungskörperschaft (=Stadtvertretung) auf die Bürger demokratischen und rechtsstaatlichen Anforderungen genügt.
Daher ist ein Bürgerbegehren nur zulässig, wenn sämtliche aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sind. Ist dies nur bei einem Punkt nicht der Fall, hat dies zwingend die Unzulässigkeit des Bürger-begehrens zur Folge.
Prüfung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens
Die Verwaltung hat die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens unter Zugrundelegung der von den Initiatoren eingereichten Frage geprüft.
Im Einzelnen hat die Prüfung Folgendes ergeben:
1. Form
Das Bürgerbegehren muss schriftlich eingereicht werden. Die Einreichung erfolgte am 13.06.2023 mit persönlicher Übergabe an den Vorsitzender der Stadtvertretung.
2. Quorum
Das Bürgerbegehren muss gemäß § 20 Abs. 5 S. 3 KV M-V von mindestens 765 Bürgern unterzeichnet worden sein (10%).
Es wurden 227 Unterschriftenlisten eingereicht, auf denen sich 1.653 Personen eingetragen haben. Die Prüfung der Unterschriften führte zu folgendem Ergebnis:
Gültige Stimmen: 1.184
Ungültige Stimmen: 469
Das erforderliche Quorum ist demnach erreicht.
3. Zulässige Fragestellung
Gemäß § 14 Abs. 1 der KV-DVO ist die eingebrachte Frage so zu formulieren, dass sie mit Ja oder Nein beantwortet werden kann. Die Fragestellung muss das Ziel des Bürgerbegehrens eindeutig zum Ausdruck bringen. Sie darf die freie und sachliche Willensbildung der Bürgerinnen und Bürger insbesondere nicht durch beleidigende, polemische oder suggestive Formulierungen gefährden.
Der erste Teil der Frage „Sind Sie für die Errichtung eines LNG-Terminals in Sassnitz-Mukran“ kann klar mit Ja oder Nein beantwortet werden. Der zweite Teil „und akzeptieren damit die auftretenden Umweltschäden und Sicherheitsrisiken, obwohl die Notwendigkeit dieser zusätzlichen Gasversorgung (bis zum 16.05.2023) nicht nachgewiesen worden ist?“ suggeriert den Abstimmenden, dass sie mit einer zustimmenden Antwort unnötig Umweltschäden und Sicherheitsrisiken in Kauf nehmen.
Durch den zweiten Teil der Frage ist es den Abstimmenden nicht möglich, die Frage nur mit Ja oder Nein zu beantworten, eine freie und sachliche Willensbildung ist durch den suggestiven Charakter nicht gegeben.
4. Vertretungsberechtigte
Nach § 14 Abs. 2 KV-DVO sind in dem Bürgerbegehren bis zu drei Personen zu benennen, die berechtigt sind, die Unterzeichnenden zu vertreten. Auch diese Voraussetzung ist erfüllt. Als Vertreter wurde benannt: Norbert Dahms, Dargaster Straße 8, 18546 Sassnitz
5. Angaben der Kostenschätzung
Das Bürgerbegehren beabsichtigt das Unterlassen einer geplanten Baumaßnahme. Dadurch entstehen keine Kosten. Eine Kostenschätzung ist daher obsolet.
Ergebnis der formellen Prüfung
Durch die unzulässige Fragestellung ist das Bürgerbegehren gemäß § 14 Abs. 1 der KV-DVO unzulässig.
6. Materielle Zulässigkeit
Die wichtigste materielle Voraussetzung für einen Bürgerentscheid ist, dass der Gegenstand der Abstimmung eine wichtige Entscheidung in Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde sein muss, siehe § 20 Abs. 1 KV M-V.
Das Vorhaben “Bau eines LNG-Terminal” liegt im Gemeindegebiet der Stadt Sassnitz, ist aber eine Maßnahme des Bundes. Die zuständige Landesbehörde, das Land Mecklenburg-Vorpommern, muss die konkreten Planungsunterlagen im Rahmen der Genehmigungsverfahren umfassend prüfen. Die Stadt Sassnitz ist hier weder genehmigungs- noch zustimmungspflichtig, daher nicht zuständig.
Randziffer 2 der Kommentierung zu § 20 KV MV konkretisiert die anzuwendende Rechtsvorschrift aus Abs. 1 wie folgt: „Wenn die Gemeinde überhaupt nicht entscheidungsbefugt ist, sondern die Entscheidungskompetenz bei einer anderen Körperschaft liegt, ist damit ein Bürgerentscheid unzulässig. Die Mitwirkung an höherstufigen Entscheidungsprozessen ist keine Entscheidung über die Aufgabenerledigung selbst, fällt damit nicht unter die Verbandskompetenz der Gemeinde und ist damit kein Gegenstand eines Bürgerentscheids.“
Ergebnis der materiellen Prüfung
Es ist festzustellen, dass das Bürgerbegehren in Ermangelung der Zuständigkeit der Gemeinde Stadt Sassnitz unzulässig ist.
Ergebnis gesamt
Die Prüfung des durch Herrn Norbert Dahms mit Datum vom 13.06.2023 überreichten Bürgerbegehrens hat ergeben, dass das Bürgerbegehren sowohl formell als auch materiell unzulässig ist, die beabsichtigte Abstimmung nicht Gegenstand eines Bürgerentscheids sein darf.
Finanz. Auswirkung
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Finanzielle Auswirkungen
☐ Einnahmen ☐ Mittel stehen zur Verfügung
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Anlagen
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1
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(wie Dokument)
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1 MB
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